Aus dem Tiefschlaf geweckt

Vor wenigen Tagen, als es einmal ganz still war, habe ich aus meinem Arbeitszimmer ein leises Schnarchen gehört. Es hat ein bisschen gedauert, bis ich die Ursache herausgefunden habe: mein Blog war vor knapp einem Jahr in einen Tiefschlaf gefallen und bisher habe ich wohl das leise Schnarchen gekonnt ignoriert. Keine große Reise, keine Bloggeschichten, so kann das nicht weitergehen.

Notburga Kirche, Hochhausen

Heute also eine kleine Geschichte von einer kleinen Reise, eher einem Sonntagsausflug. Die Idee dazu verdanke ich der geschätzten Kollegin vom Landlebenblog. Sie wohnt im Odenwald, gibt sich aus als Landpomeranze (was sie nicht ist) und schreibt entzückende Geschichten über ihren Alltag zwischen der Arbeit als Regionalkorrespondentin für den SWR und dem Landleben im Odenwald. Merkt euch das: Leseempfehlung.

Durch sie wurde ich aufmerksam auf die Notburgakirche in Hochhausen am Neckar im Neckar-Odenwaldkreis. Die herzige Legende über die „Einarmige Heilige“ lest ihr bitte bei ihr nach.

Die Kirche ist normalerweise nur zum (evangelischen) Gottesdienst geöffnet, wenige Male im Jahr auch für ein paar Stunden mit sachkundiger Begleitung. Gestern war die letzte Gelegenheit für dieses Jahr und, was soll ich sagen, die Fahrt hat sich gelohnt. Nicht nur wegen der Kirche, auch wegen vieler anderer sehenswürdiger Dinge am Rand des Reisewegs. Davon mehr in nächsten Tagen (Ha, ein Teaser).

Notburgakirche, Hochhausen

Die Namenspatrone der Kirche waren ursprünglich die Heiligen Peter und Paul, im späten 15. Jahrhundert änderte sich das. Damals entstand das Hauptschiff, vorher existierte nur der Chor, errichtet um 1340 auf den Grundmauern einer noch älteren Kapelle. Die Wand- und Deckenbemalungen sind noch im Originalzustand, vorsichtig restauriert und gesichert.

Die einarmige Notburga

Die Patronatsherren der Hornecken von Hornberg beschlossen wohl nach dem Bau des Hauptschiffs, die Kirche der heiligen Notburga zu widmen. Der Entschluss zeigt eine gewisse Geschäftstüchtigkeit, die einarmige Heilige hatte ja nach der Legende nur aufgrund eines Wunders ihre vom Vater zugefügte Verletzung überlebt (siehe den Link weiter oben).

Das Wunder der Rettung

Das Wunder wiederum qualifizierte die Kirche als Wallfahrtskirche und mit den Wallfahrern kam Geld in den Flecken und die Hände der Grundherren. Neben dem einträglichen Raubrittertum verdienten sie also auch noch am fehlenden Arm der Notburga einen Haufen Geld, die reiche Ausstattung mit wertvollen Kunstschätzen zeigt das bis heute. Einen solchen Flügelaltar muss man sich erst mal leisten können.

Flügelaltar, unbekannter Künstler, 16. Jahrhundert

Mit der Reformation war Schluss mit dem Wunder und dem Geschäft. Protestanten waren da ziemlich hartleibig: die Wandgemälde von der Notburgalegende wurden überpinselt (und konnten so 400 Jahre später wieder restauriert werden). Immerhin durfte der Flügelaltar stehen bleiben.

Heute hat die Kirche einen spendablen Förderverein. Nicht nur wurde eine Heizung eingebaut. Ein renommierter Künstler schuf u.a. moderne Kirchenfenster, eins trägt den Namen „Notburga wieder mit zwei Armen – Gott sei Dank“.

Modernes Fenster, Jürgen Goertz, 2016

Ende gut, alles gut.