Glienicker Brücke, 31 Jahre danach

Glienicker Brücke

Es war bitterkalt am 11. Februar 1986. Der junge Reporter Thomas D. stand  auf West-Berliner Seite kurz vor der Glienicker Brücke und wartete auf ein Ereignis, dem viel Hype vorangegangen war. Gut, das Wort gab es im deutschen Wortschatz zu der Zeit noch nicht, aber es war ein Hype. Seit Tagen wartete ein Teil der Weltpresse an der berühmten Brücke auf einen Austausch von Agenten, diesmal nicht heimlich und im Nebel, sondern unter den Augen der Öffentlichkeit, live und in Farbe. Die Brücke markierte damals die Grenze zwischen dem amerikanischen Sektor West-Berlins und Potsdam in der DDR. Hier durften nur Diplomaten und Militär passieren. Und ab und zu auch Agenten, die in den beiden Systemen des Kalten Krieges auf der falschen Seite erwischt worden waren. Der spektakulärste Austausch geschah im Februar 1962: US-Pilot Gary Powers, abgeschossen, während er mit seinem U-2 Spionageflugzeug über der Sowjetunion flog, gegen Rudolf Abel, einen Top-Spion der Sowjetunion in den USA.

1986 war etwas Besonderes, nicht nur weil er öffentlich stattfand, sondern weil sich unter den beiderseitig Ausgetauschten der sowjetische Dissident und Regimekritiker Anatoli Schtscharanski befand. Der damalige US-Botschafter in der Bundesrepublik Deutschland, Richard Burt, ließ es sich nicht nehmen, Schtscharanski persönlich an der Glienicker Brücke abzuholen. 

Kurz vor dem Ereignis liess die amerikanische Militärpolizei den Bereich vor der Brücke trotz heftigen Protestes von allen Journalisten räumen. Die Ü-Wagen der deutschen elektronischen Medien und der US-Networks mussten ein paar hundert Meter die Straße in Richtung Wannsee verlegt werden und daher hatte keiner mehr unmittelbaren Blick auf die Brücke. Der junge Reporter Thomas D. hatte dann das Reporterglück, dass innerhalb seines gebuchten Slots im Ü-Wagen des SFB der Wagen des Botschafters mit Schtscharanski an ihm vorbeifuhr. Die Hörer der Deutschen Welle waren daher weltweit über Kurzwelle (ja, das gab’s noch) live dabei.

Und jetzt war ich zum ersten Mal wieder dort. Von Potsdam aus mit der Straßenbahn 93 bis Endstation und noch 5 Minuten Fußweg, dann stand ich vor der Brücke. Auf der anderen Seite. Und dieses Ereignis musste ich einfach mit einem Selfie festhalten.